Sie konnte nicht anders
So bricht sie auf
in ein neues Leben.
Stunden des Seins zerrinnen,
doch laufen sie noch einmal ab
vor ihren inneren Augen.
Alles Gelebte zieht an ihr vorbei.
Denn: Neues wird sich vollziehen.
Es wird Nachwirkung haben.
Doch:
Sie wird dies nicht erleben.
Sie bricht nicht mit dem Leben.
Doch:
Sie muss sich beugen.
Sie wird nicht aufgeben.
Doch:
Sie muss nachgeben.
Sie wurde nie gefragt,
doch die Antwort gab sie schweigend,
nüchtern und aufrecht.
Sie weinte doch –
ohne Tränen.
Sie kämpfte doch –
ohne Fäuste.
Sie sprach
ihr letztes Gebet
und brach auf
in ein neues Leben.
Und ich frage mich:
Hat sie Erinnerung?
Weiß sie, dass wir noch
Atem,
Wärme,
Stimme,
Worte,
Tränen
und Sehnsucht haben –
und dies alles für sie allein?
Ich schreie doch –
ohne Ton.
Immer und immer wieder
in der Hoffnung, jedes nicht gehörte Wort
verhallt im Orte der Unendlichkeit.
Bye, Mum.
©Melanie Jogsch